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Kai Sender
Sozialarbeiter
Bremen
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Zwischen Tradition und Toleranz

Persönliche Erinnerungen stehen bei Trauerfeiern im Mittelpunkt

Ob schwarze Kleidung angebracht ist oder die Trauerfeier auch etwas bunter ausfallen darf, sollte im Vorfeld kommuniziert werden. (Foto: Freepik)

Bremen. Abschied nehmen von einem geliebten Menschen – das ist schmerzhaft und herausfordernd. Auf die Angehörigen kommt in dieser schweren Zeit noch die Planung der Beisetzung und der Gedenkfeier zu. Viele befürworten dabei die neuen Wege in der Bestattungs- und Trauerkultur, weg von starren Regeln und hin zu individuellen Ritualen, die zu der oder dem Verstorbenen passen.


Um eine passende Gedenkfeier zu organisieren, sollten Angehörige laut Trauerbegleiter Thomas Achenbach zweierlei Aspekte berücksichtigen: „Zum einen muss die Trauerfeier den verstorbenen Menschen widerspiegeln und ihm gerecht werden – und zum anderen soll sie den Anwesenden etwas mitgeben, und sei es auch nur eine schöne Erinnerung an gute gemeinsame Zeiten.“ Solange beides der Fall ist, sei der Gestaltungsspielraum fast grenzenlos.


Schließlich muss heutzutage nicht mehr alles den alten Traditionen entsprechen. „Das ist großartig, weil es den Hinterbliebenen so viel Gestaltungsfreiheit gibt wie selten zuvor, aber es ist natürlich auch ein bisschen überfordernd, weil es eben keine festen Strukturen mehr gibt, die für alle gelten“, gibt Thomas Achenbach zu bedenken. Er empfiehlt, die Trauerfeier durch einen passenden Mix aus Sprache und Musik aufzulockern. Das entspreche dann zwar noch der traditionellen Aufteilung, sei aber ein guter Start für die Planung der Zeremonie.

Abschied mit persönlicher Note

Es gibt zahlreiche Elemente, über die sich die Persönlichkeit des verstorbenen Menschen zeigen kann. „In manchen Bestattungshäusern oder auf manchen Friedhöfen hängen bereits Bildschirme in den Trauerhallen, auf denen per USB-Stick Fotos oder Videos eingespielt werden können“, führt Achenbach als Beispiel an und weiter: „Die Gäste können gebeten werden, ihre eigenen Erinnerungen an die oder den Verstorbenen mitzubringen, entweder auf einem Zettel, der dann in einer Box gesammelt wird, oder für den Trauerredner, der eine Auswahl der Zettel vorlesen kann.“ Ganz wichtig sei auch die Zusammenstellung der Musik, schließlich gebe es kaum etwas Persönlicheres als den Musikgeschmack eines Menschen. 


Individuell gestaltete, moderne Trauerfeiern werden von immer mehr Leuten bevorzugt – dabei stellt der letzte Abschied mit besonderen Elementen die Persönlichkeit der oder des Vertorbenen in den Mittelpunkt. „Bei der Trauerfeier eines Filmenthusiasten war die ganze Halle mit riesigen Plakaten und Pappaufstellern seiner Lieblingsfilme geschmückt“, erzählt Thomas Achenbach. Ebenfalls sei ihm die Trauerfeier eines Freundes in Erinnerung geblieben, bei der eine reine Männergruppe anwesend war: „Der Diakon hat das Mikrofon durchs Publikum gereicht und die Anwesenden ihre Erinnerungen an den Verstorbenen erzählen lassen, das war wirklich sehr berührend.“ 


Mit der Lockerung von alten Regeln und Traditionen lässt sich die Tendenz erkennen, neue Wege in der Trauerkultur einzuschlagen. „Den Hinterbliebenen tut es enorm gut, wenn sie sich in der Gestaltung alle Freiheiten nehmen dürfen und sie einfach das wählen dürfen, womit sie sich wohlfühlen.“ Und wenn sie dazu ermuntert werden, dies zu tun. An Letzterem mangele es laut Thomas Achenbach hierzulande noch zu sehr. 


Auch wenn die modernen Bestatter und die freien Ritualgestalter immer mehr werden – auch weil der Markt das inzwischen einfach verlangt, gebe es doch noch gar nicht so wenige, die ein Standardprogramm empfehlen. „Dann erklingen die immergleichen Kirchenlieder, womöglich bei der Trauerfeier für jemanden, die oder der gar nicht so religiös gewesen ist.“ Diese konventionell abgehaltenen Gedenkfeiern werden gegebenenfalls aber weder der oder dem Verstorbenen gerecht noch den Menschen, die um sie oder ihn trauern. Solch eine traditionelle Zeremonie sollte also möglichst vermieden werden, denn der Abschied nimmt eine ganz entscheidende Rolle im Prozess der Trauerbewältigung ein, so Achenbach. 


Das weiß er auch aus seiner Tätigkeit als Trauerbegleiter: „Eine meiner Klientinnen hat immer wieder gesagt, dass sie die Urne ihres verstorbenen Partners am liebsten wieder ausgraben und eine neue, wirklich passende Trauerfeier für ihn gestalten wolle, weil sie mit der ersten so gar nicht zufrieden war“, erzählt Thomas Achenbach.


Dieser Wunsch habe deutlich gezeigt, wie entscheidend es ist, dass dieses letzte Abschiedsritual wirklich als ein hilfreicher Schritt erlebt werden kann. „Die Trauerfeier muss passen, weil diese die letzte Tür für den Abschiedsprozess aufstößt, weil hier die letzten inneren Fotos gemacht werden. Das ist wichtig für die Seele“, so Achenbach. Es helfe zwar nicht dabei, den Tod zu begreifen, aber es bereite Trauernden den Boden für ihren weiteren Weg: „Durch die Gespräche in den Begleitungen bekomme ich immer wieder aufs Neue mit, wie entscheidend eine gute Trauerfeier ist und wieviel im Innern kaputtgehen kann, wenn sie nicht gut gestaltet worden ist“.


Farbauswahl vorher kommunizieren


Bei der Frage, wie bunt es auf Trauerfeiern zugehen darf – ob die Gäste selbst entscheiden, was sie tragen oder ob man sich an das klassische Schwarz halten sollte – ist es laut Achenbach ebenfalls wichtig zu beachten, dass die Gedenkfeier den Hinterbliebenen auch ein kleines Signal der Solidarität mitgeben soll: „Die Gäste möchten schließlich vermitteln, dass sie gemeinsam mit den Angehörigen traurig sind und die oder den Verstorbenen nicht vergessen wollen.“ Da sei Schwarz als Farbe immer eine gute Wahl.
Wobei es heute auch schon ausreichen könne, wenn zumindest ein schwarzes Teil in das Gesamtbild integriert wird. Thomas Achenbach findet beispielsweise kleine Schmuckstücke wie Anstecknadeln mit einem schwarzen Stein passend – die können auch zu einer Trauerfeier getragen werden, bei der bunte Kleidung gewünscht ist. Meistens geben die Angehörigen in der Einladung einen Hinweis auf die bevorzugten Farben, das sei für die Gäste tatsächlich sehr nützlich, so der Trauerbegleiter.


Ebenfalls ist es sinnvoll, persönliche Wünsche und Vorstellungen über die Gestaltung der eigenen Trauerfeier zu Lebzeiten bereits festzuhalten, wie auch Achenbach empfiehlt. Erstens, weil es immer hilfreich sei, sich mit seiner eigenen Sterblichkeit auseinanderzusetzen – das könne eine tiefe Demut wecken. Zweitens stelle es für die Angehörigen tatsächlich eine große Entlastung dar: „Als meine Mutter starb, hatte sie lange zuvor all ihre Wünsche für eine Trauerfeier aufgeschrieben. Das habe ich als ein großes Geschenk erlebt: In einer Situation, die von großen Überforderungen geprägt ist, zu wissen, dass man genau im Sinne des verstorbenen Menschen handeln und gestalten kann. Das war sehr wertvoll“, erzählt Thomas Achenbach.

Von Antonia Lühmann